Cum ex-Geschäfte, bei denen durch den Verkauf von Aktien kurz vor und deren Rückkauf kurz nach dem Stichtag der Dividendenzahlung rechtswidrig Steuervorteile erlangt worden sind, sind kein ausschließlich deutsches Phänomen. Auch in Belgien, Dänemark, Norwegen und Österreich wurde der Fiskus auf diese Weise geschädigt. Während die Frage nach der Strafbarkeit der Erlangung dieser Steuervorteile von den Gerichten der jeweiligen Staaten zu beantworten ist, werden die deutschen Gerichte in diesem Zusammenhang regelmäßig mit der Frage konfrontiert, ob die Verwertung der Taterträge in Deutschland als Geldwäsche strafbar ist.

Als Anschlussdelikt erfordert der Straftatbestand der Geldwäsche nach § 261 StGB, dass der Tatgegenstand, also das aus den cum ex-Geschäften stammende Geld, aus einer rechtswidrigen Vortat herrührt. Konkret geht es darum, ob eine Steuerhinterziehung im Ausland eine taugliche Vortat einer Geldwäsche ist.

In Betracht kommt zunächst eine Strafbarkeit der ausländischen cum ex-Geschäfte wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO. Jedoch ist auf die ausländischen Geschäfte das deutsche Strafrecht nicht anwendbar. Anwendbar ist deutsches Strafrecht grundsätzlich nur dann, wenn die Tat im Inland begangen wurde (sog. Territorialitätsprinzip). Bei einer im Ausland zum Nachteil eines ausländischen Staates begangenen Steuerhinterziehung ist das regelmäßig nicht der Fall. Zwar hat der Gesetzgeber mit § 370 Abs. 7 AO eine Anknüpfungsmöglichkeit auch für solche Taten geschaffen, die außerhalb Deutschlands begangen wurden. Allerdings ändert das nichts daran, dass § 370 AO nur solche Taten erfasst, die sich gegen das innerstaatliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen (deutscher) Steuern richten. Die fiskalischen Interessen ausländischer Staaten schützt § 370 AO hingegen nicht.

Auch die Regelung in § 261 Abs. 9 StGB ändert an diesem Ergebnis nichts. Danach ist der Geldwäschetatbestand auch auf Gegenstände anwendbar, die aus einer im Ausland begangenen Vortat herrühren. Dies gilt jedoch nur, wenn die im Ausland begangene und dort mit Strafe bedrohte Tat, würde man auf sie deutsches Strafrecht anwenden, auch strafbar wäre. Das ist bei den ausländischen cum ex-Geschäften nicht der Fall. Das folgt nicht zuletzt aus den Regelungen des § 370 Abs. 6 AO. Die einzigen nicht-deutschen Steuern, die die Vorschrift schützt, sind Ein- und Ausfuhrabgaben sowie Umsatzsteuern und harmonisierte Verbrauchsteuern von EU-Mitgliedstaaten. Im Umkehrschluss ist die Hinterziehung ausländischer Ertragssteuern – um die geht es im Fall von cum ex – in Deutschland nicht strafbar. Selbst bei unterstelltem Inlandsbezug wäre der ausländische cum ex-Sachverhalt demnach nicht nach deutschem Strafrecht strafbar und daher keine taugliche Vortat im Sinne des § 261 StGB.

Auch ein Betrug (§ 263 StGB) kommt in der vorliegenden Konstellation wegen des Konkurrenzverhältnisses zwischen Steuerhinterziehung und Betrug nicht als Vortat einer Geldwäsche in Betracht. Als in sich geschlossenes Sonderstrafrecht verdrängen die Abgabegesetze den allgemeinen Betrugstatbestand. Dies ist ständige Rechtsprechung. Der Betrugstatbestand schützt das Individualvermögen und nicht das Allgemeininteresse, wie etwa das Interesse an innerstaatlichen Finanzeinnahmen. In den cum ex-Fällen richten sich die Handlungen aber ausschließlich auf steuerliche und gerade nicht auf individuelle Vermögenswerte. Welche Rolle das Verhältnis von Steuerhinterziehung und Betrug in einem prominenten cum-ex-Fall spielte, wurde schon an anderer Stelle beleuchtet.

Die Umstände des cum-ex-Skandals werden Politik und Justiz noch längere Zeit beschäftigen. Sicher fest steht jedoch, dass zum Nachteil ausländischer Staaten begangene Steuerdelikte keine taugliche Vortat einer Geldwäsche nach deutschem Strafrecht darstellen. Aus diesem Grund können entsprechende Verwertungstaten in Deutschland nicht als Geldwäsche nach § 261 StGB bestraft werden.