Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 11. November 2020 (5 StR 256/20) ein Urteil des Landgerichts Berlin im Strafausspruch aufgehoben. Das Landgericht hatte ein Jahr zuvor zwei Ärzte wegen Totschlags verurteilt. Die Strafkammer war überzeugt, dass die Gynäkologen bei der Geburt von Zwillingen, von denen ein Zwilling infolge einer Hochrisikoschwangerschaft einen schweren Hirnschaden erlitten hatte, den gesunden Zwilling per Kaiserschnitt entbunden, aber den schwer hirngeschädigten Zwilling durch Injektion einer Kaliumchlorid-Lösung im Mutterleib getötet hatten.
War das Berliner Verfahren noch von regem Medieninteresse begleitet, nimmt sich die Reaktion auf die Entscheidung aus Leipzig eher verhalten aus. Verwunderlich ist das nicht, schließlich wurde der – für die Berichterstattung handhabbarere – Schuldspruch gehalten.
Der Grund, weshalb über die Strafhöhe nun erneut verhandelt werden muss, ist es für Medizinstrafrechtler allerdings wert, bemerkt zu werden.
Die Strafkammer hatte den Ärzten erschwerend angelastet, dass sie die Tat geplant und nicht in einer Notfallsituation begangen hätten. Umsichtige Tatplanung gilt in der Rechtsprechung als Zeichen dafür, dass der Täter bei der Tat einen besonderen Willen aufgewendet hat. Dadurch soll ein erhöhtes Handlungsunrecht zum Ausdruck kommen. Dieses Mehr an aufgewendetem Willen, das oft schlagwortartig „kriminelle Energie“ genannt wird, erkennt die Rechtsprechung grundsätzlich als Straferschwerungsgrund an.
Nicht aber in diesem Fall. Der BGH stellt klar: Der Gesichtspunkt eines planmäßigen Vorgehens kann bei einer medizinischen Operation kein zulässiger Erschwerungsgrund sein. Die Erwägung verdient Zuspruch. Denn unabhängig von dem weiteren Vorgehen der beiden Ärzte wäre eine Geburtseinleitung per Kaiserschnitt ohne umsichtige Planung nicht die vorzugswürdige Alternative gewesen.